Am 5. Juni 2025 hat die EZB den Einlagenzins – den Banken für Einlagen bei der Zentralbank erhalten – um 25 Basispunkte reduziert. Damit liegt er nun bei 2,00 %, während der Hauptrefinanzierungssatz und der Spitzenrefinanzierungszins bei 2,15 % bzw. 2,40 % angesetzt wurden. Es handelte sich bereits um die achte Zinssenkung seit Juni 2024, was ein kumuliertes Minus von rund 200 Basispunkten bedeutet.
Warum diese Zinssenkung?
- Inflationsentwicklung nahe 2 %
Die jährliche Inflationsrate fiel im Mai auf etwa 1,9 %, knapp unterhalb des Ziels von 2 %. Laut Chief Economist Lane soll die Zinssenkung verhindern, dass die Inflation dauerhaft unter das Ziel fällt und kurzfristige Rückgänge nur temporär halten. - Wachstumsschwäche im Euroraum
Die Wirtschaftsleistung zeigt nur ein moderates Wachstum:
2025 prognostiziert die EZB rund 0,9 % BIP‑Zuwachs, 2026 leicht steigend auf 1,1 %, getragen von Verteidigungs- und Infrastrukturinvestitionen. Die anhaltenden Handelsstreitigkeiten – unter anderem wegen der US‑Zollpolitik – belasten das Exportgeschäft. - Datenabhängiger, vorsichtiger Kurs
Laut EZB-Präsidentin Lagarde verfolgt die EZB einen „meeting‑by‑meeting“-Ansatz. Sie signalisiert, dass der aktuelle Kurs bis auf Weiteres angemessen erscheint, sendet jedoch keine feste Zusage für zukünftige Schritte.
Reaktionen im EZB‑Rat
- Robert Holzmann (OeNB): Vermutet nach der Juni‑Senkung erstmals eine Pause – weitere Schritte hängen von künftigen Daten ab.
- Martins Kazaks (Lettland): Befürwortet ebenfalls eine Zinsstopp‑Phase, um „politischen und globalen Unsicherheiten“ Rechnung zu tragen.
- Bundesbank‑Chef Nagel hingegen mahnt zu Vorsicht: Trotz Ziel-Erreichung sollte die EZB flexibel bleiben, um geopolitische Risiken im Blick zu behalten.
Auswirkungen für Märkte und Verbraucher
Banken & Kredite
- Banken refinanzieren sich günstiger und können dies an Firmen und Verbraucher weitergeben – mit niedrigeren Kreditzinsen.
- Hypothekenzinsen dürften langfristig sinken. Der Anpassungsprozess verläuft jedoch deutlich langsamer, da hier noch weitere Kriterien (Bonität, Laufzeit etc.) individuell einfließen.
Sparguthaben
- Die Zinsen auf Tages- und Festgelder werden weiter sinken (derzeit schon bei rund 1,3 %) – reale Rendite ist somit bereits wieder negativ.
Anleihen
- Sinkende Leitzinsen machen festverzinsliche Papiere attraktiver und können Kurse steigen lassen (Renditen fallen).
- Langfristige Renditen werden jedoch stärker von fiskalischen und globalen Faktoren beeinflusst, daher bleibt die EZB bei ihrem Fokus auf den kurzfristigen Leitzins.
Was kommt als nächstes?
Einschätzungen gehen von einer weiteren Senkung (25 Basispunkte) in der zweiten Jahreshälfte aus – insgesamt könnten bis zu 100 BP folgen, womit der Einlagensatz bis auf 1,5 % bis Ende 2025 sinken könnte. Pause wahrscheinlich: Nach der Juni-Senkung wird angesichts weniger frischer Daten ein „Sommer‑Break“ erwartet.
Fazit
Mit der aktuellen Zinssenkung reagiert die EZB auf die rückläufige Inflation und das schwache Wachstum im Euroraum. Ziel ist es, die Konjunktur zu stützen, ohne das Inflationsziel aus den Augen zu verlieren. Für Kreditnehmer eröffnen sich bessere Finanzierungsmöglichkeiten, während Sparer mit weiter sinkenden Zinsen rechnen müssen. Für Anleger bleibt eine flexible Strategie wichtig, da weitere Schritte der EZB von der Datenlage abhängen.
Quellen: Börse am Sonntag, Reuters, lbbw, Morningstar, die Presse, Infima, apnews, Reuters